IKK führt in der Realschule Spenge Assessment-Center durch – wie im wahren Wirtschaftsleben
Wer eine Lehrstelle sucht stößt gerade in der gegenwärtigen Wirtschaftslage auf mehrere Konkurrenten. Viele, vor allem große Firmen setzen bei der Personalauswahl deshalb auf psychologische Eignungstest Spenger Realschüler übten jetzt schon mal den Ernstfall – im virtuellen Assessment-Center.
»Wenn Lehrer dabei sind, ist das nicht immer ganz fruchtbar«, meinte Realschulleiter Rainer Kalla. Deshalb überließ er Lutz Plöger von der Vereinigten IKK aus Herford für knapp vier Stunden das Feld. Der 36-jährige Krankenkassenbetriebswirt hatte 19 von 45 Neuntklässlern dafür gewinnen können, einmal auszuprobieren, wie es ist, sich einem Personal-Auswahlverfahren zu stellen.
Teamstärke, der Umgang mit Stress, die Beherrschung des Zeitmanagements und Selbstdarstellung waren gefragt. »Und wer einmal geübt hat, braucht vor der Prozedur keine Angst mehr zu haben«, meint Plöger. Als erstes verteilt er Selbstdarstellungsbögen. Darin müssen die eigenen Stärken und Schwächen benannt und Fragen beantwortet werden etwa danach, wo man sich denn ein fünf Jahren wähnt. Als nächstes folgt der Zeittest. 17 Mathe-Aufgaben und Fragen zu verschiedenen Sachthemen sind innerhalb von zehn Minuten zu beantworten, obwohl man dafür mindestens 15 Minuten brauchen würde. Der Prüfer will wissen: Wer beherrscht den Stress?
Den Abschluss bildet eine Gruppen-Diskussion. Die Aufgabe für alle: Organisieren Sie eine Schulfahrt an ihren Lieblingsort. Hier zählen Argumente. Allerdings geht es auch darum zu erfahren: Wer setzt sich durch? Wer lässt sich auf Alternativen ein? Will jemand auf Biegen und Brechen seinen Standpunkt durchsetzen?
Silke Johannes (30) von der IKK Löhne und Gabriele Garlipp (34) von der IKK Spenge registrieren alles genau, stehen Assessment- Leiter Lutz Plöger bei der Überwachung des Eignungstests zur Seite, beobachten genau, wer abschreibt oder sich zurückhält, wer kommunikativ ist oder nicht. »Die Menschen sind introvertiert und extrovertiert«, weiß Plöger. Wer den »Lauten« macht, muss aber längst nicht der geeignetere Mitarbeiter sein. Oder beweist er vielleicht dadurch doch schon Führungsqualität?
Wie die Beurteilung am Ende ausfällt, bleibt in jedem Fall abzuwarten. Philip Snehotta (14) hat sich bewusst für die Teilnahme am Assessment-Center entschieden, auch wenn er dafür Freizeit opfern musste. »Ich finde es gut, dass so etwas angeboten wird«, sagte er im Gespräch mit den Spenger Nachrichten.
»Hier habe ich Gelegenheit, herauszufinden, wo meine Schwächen und wo meine Stärken liegen«. Dass Banken und andere Firmen immer mehr dazu übergehen, eine Vorauswahl bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern zu treffen, bevor es zum traditionellen Vorstellungsgespräch kommt, macht laut Plöger durchaus Sinn. Zum einen spare der Unternehmer oder Personalchef Zeit. Zum anderen liefere das Personal-Auswahlverfahren eines Assessment-Centers ihm Daten, die aus dem Zeugnis nicht unbedingt hervorgingen. Die Ergebnisse des Tests in der Realschule werden mit den Schülern und nach Möglichkeit auch mit den Eltern nachbesprochen. Auf Jobsuche waren 2008 allerdings nur 30 Prozent der Schulabgänger. Die Mehrzahl strebte entweder nach dem Abitur oder bildete sich auf anderem Wege weiter. »Bislang haben immer noch alle, die einen Ausbildungsplatz gesucht haben, ihn auch bekommen«, betont Berufswahl-Koordinator Hartmut Bomkessel (58). Wenn auch nicht in einem der Modeberufe wie dem des Mechatronikers. Hier kommen mittlerweile 15 Bewerber auf eine Lehrstelle.
Philip Snehotta (14): »Jetzt möchte meine Stärken und Schwächen besser einschätzen.«
Foto: Silke Johannes, Gabriele Garlipp, Berufswahl-Koordinator Hartmut Bornkessel und Lutz Plöger (von links) von der IKK organisierten das Assessment-Center in der Realschule Spenge. Philip Snehotta (14) und Andrea Mai (15) nutzten wie weitere 17 Schüler das Angebot.
SN, Artikel von Freitag 01.05.2009