Ärztin spricht mit Realschülern über das Risiko ungewollter Schwangerschaften
Mit Erwachsenen sprechen die 13-jährige Franziska und ihre Mitschüler ungern über das Thema Sexualität – speziell mit Eltern und Lehrern. Doch Aufklärung ist wichtig. Zehn Jahre ist es her, dass eine Schülerin der Realschule Spenge ungewollt schwanger wurde. »Das Mädchen war gerade erst 15 Jahre alt«, erzählt Lehrerin Renate Reuschenberg.
Wie es ist, so früh Mutter zu werden, können sich die Mädchen der Klasse 7b nur schwer vorstellen. »Ich habe im Fernsehen mal einen Bericht darüber gesehen«, sagt Ayse (13). Doch für sich selbst schließt die Schülerin ein solches Szenario aus: »Ich bin doch selbst noch ein Kind!«, sagt sie zum Thema Kinderkriegen.
Die Tochter von Dr. Gisela Urban ging vor zehn Jahren mit dem Mädchen in eine Klasse, das ungeplant schwanger wurde. Seither kommt die Radiologin aus Herford regelmäßig in die Realschule, um die Jungen und Mädchen über die Risiken aufzuklären und sie über Verhütungsmethoden zu informieren. Auch in dieser Woche hält sie zunächst einen Vortrag vor der gesamten Klasse, bevor die Mädchen die Gelegenheit haben, sich ungestört mit ihr zu unterhalten und ihr Fragen zu stellen, die sie ihren Eltern und Lehrern nie stellen würden. »Bei einer Fremden fällt das irgendwie leichter«, sagt Sherin. Die 13-Jährige hat seit einigen Monaten einen zwei Jahre älteren Freund. »Ich kann mit ihm über solche Dinge reden«, sagt sie. Auch die gleichaltrige Franziska ist mit einem Jungen befreundet. Über intime Dinge spricht sie allerdings lieber mit ihrer besten Freundin.
»Die meisten Jugendlichen beschäftigen sich in diesem Alter zwar bereits gedanklich mit dem Thema Sex, sind aber noch nicht sexuell aktiv«, weiß Lehrerin Renate Reuschenberg. Die zweifache Mutter hält es für besonders wichtig, die Schüler aufzuklären, bevor sie ihre ersten Erfahrungen sammeln.
So bringt Dr. Gisela Urban den Schülern anschaulich nahe, wie leicht es zu einer ungewollten Schwangerschaft kommen kann. Auch sensible Themen – etwa wie eine Abtreibung vonstatten geht – bringt die Medizinerin zur Sprache.
Manche der Jungen und Mädchen werden ein wenig rot oder kichern beschämt, doch alle sind sich am Enge einig: »Wir haben heute viel dazugelernt. Es ist auf jeden Fall wichtig, auch in der Schule über dieses Thema zu sprechen.« »Die Schülerin, die damals schwanger geworden ist, hat die Situation übrigens gut gemeistert – auch wenn das ganz und gar nicht leicht war«, berichtet Schulleiter Rainer Kalla. »Sie hat für eine Weile mit dem Unterricht ausgesetzt, ihren Schulabschluss aber doch noch geschafft.«
Foto: Sie finden es wichtig, dass in der Schule auch über das Thema Sexualität gesprochen wird: Darlene, Lisa Marie, Artjom, Nathalie, Luca, Melissa, Jan, Sherin Naima, Franziska und Nicola (von links). Foto: Sabrina Beck
SN, Artikel von Dienstag 27.04.2010