Renate Reuschenberg absolviert Praktikum
Spenge. „Ich habe noch nie so viele technische Begriffe gehört“, staunt Renate Reuschenberg. Für eine Woche tauschte die Lehrerin von der Realschule Spenge für ein Betriebspraktikum ihren Platz im Klassenzimmer gegen die Werkshallen der Firma Siemens in Bielefeld, um neue Erfahrungen zu sammeln und diese an ihre Schüler weiterzugeben.
Das Lehrerpraktikum ist Teil des Programms, das die Realschule als „Berufswahl- und ausbildungsfreundliche Schule“ zertifiziert. „Die Arbeit in einem Betrieb ist eine ganz andere Welt“, weiß Lehrerin und Berufswahlkoordinatorin Annika Molitor, die als gelernte Industriekauffrau selbst Betriebserfahrung mitbringt. „Wenn man das selbst erlebt hat, hat man eine ganz andere Sichtweise, wenn man die Schüler bei ihren Praktika besucht und sie betreut.“
„Drehen ist was Rundes und mit einer Fräse werden eckige Dinge hergestellt, das weiß ich jetzt“, sagt Renate Reuschenberg lachend. Doch das ist nicht die einzige Erfahrung, die sie aus ihrem Ausflug in die Welt der Technik mitnimmt. So begleitete sie Ingenieure bei ihrer Arbeit, stellte per Computerprogrammierung selbst ein Werkstück an der Fräse her und in Handarbeit einen Würfel, bei dem kleine Lampen die Augenzahl anzeigen. „So kann man nicht schummeln“, sagt die Lehrerin augenzwinkernd. Bei der Herstellung habe sie das erste Mal gelötet, berichtet sie: „Und es hat sogar geklappt, der Würfel funktioniert.“
Doch bei ihrem Praktikum entdeckte Renate Reuschenberg nicht nur ihr technisches Talent, sondern nahm auch neue Erkenntnisse für das Berufswahlkonzept der Schule mit, das im kommenden Jahr neu zertifiziert wird. „Siemens ist verstärkt daran interessiert, auch Mädchen in die technischen Berufe zu bringen“, erzählt sie. Hintergrund ist, dass gemischte Gruppen aufgrund der unterschiedlichen Fähigkeiten von Jungen und Mädchen besser arbeiten. „Das wollen wir jetzt auch als Schwerpunkt in unser Berufswahlkonzept aufnehmen“, sagt Renate Reuschenberg.
Eine weitere wichtige Erkenntnis sei das neue Bewerbungsverfahren gewesen, das in immer mehr Betrieben die klassische Bewerbung ersetze und auf das Lehrer ihre Schüler verstärkt vorbereiten müssten. „Dabei füllen die Bewerber ein Onlineformular aus. Anschließend wird ein Test freigeschaltet, der dann ausgewertet wird“, sagt sie.
„Das Praktikum hat mir sehr viel Spaß gemacht“, zieht Renate Reuschenberg ihr Fazit. „Ich habe richtig viel gelernt, was ich an meine Schüler weitergeben kann.“
Foto: Technisches Naturtalent: Mit Fräse und viel Fingerspitzengefühl fertigte Lehrerin Renate Reuschenberg bei ihrem Praktikum bei Siemens zwei Probestücke.
NW, Artikel von Freitag 19.07.2013