Girls‘ & Boys‘ Day in Spenge und Enger: Schülerinnen experimentieren und arbeiten in der Kläranlage
Warum sollen Mädchen keine Männerberufe (und Jungen keine Frauen-Jobs) ergreifen? Beim gestrigen bundesweiten Girls‘ (und Boys‘) Day hatten Schüler sowohl in Spenge als auch Enger Gelegenheit, das auszuprobieren.
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – die so genannten MINT-Fächer – sind immer noch nicht die Berufsfelder, die sich junge Frauen aussuchen. Sie machen lieber eine Banklehre oder arbeiten im Kindergarten. Deshalb ist Elisabeth Harting, Lehrerin für Biologie und Religion, gestern an der Spenger Realschule mit dem MINT-Mobil vorgefahren. »Das Elektro-Auto hat einen super Anzug, fährt 90 Kilometer pro Stunde, und ich habe es nachts an der Steckdose getankt«, schwärmte die Pädagogin. Das Beste: Das Fahrzeug des Vereins experiMINT aus Bielefeld, das in Zusammenarbeit mit dem Kreis Herford angeschafft worden ist, verfügt über zwölf Koffer, mit deren Inhalt munter rund um das Thema »Alternative Energien« experimentiert werden kann.
Ole Heimbeck, Volkskundler und freiberuflicher Mitarbeiter bei experiMINT, ließ die Fünft- bis Neuntklässler gerne hineinschauen. Wie funktioniert eine Photovoltaikanlage oder eine Brennstoffzelle? Antworten auf diese und andere Fragen waren rasch gefunden. »Man muss sich schon dafür interessieren«, meinte Marie Stritzke (15), während sie zusammen mit Bianca Wiechmann, Kadea Akay, Marleen Meyer, Melissa Piljevic und Milena Markosyan mithilfe eines Hupmoduls den richtigen Standort für etwaige Solarzellen sucht. »Je mehr Licht, umso höher die Spannung«, gab Ole Heimbeck einen Tipp. Schnell war der Süden ausgemacht, während die Jungen Knöpfe annähten oder Tische deckten – um den »Haushaltsführerschein« zu erlangen.
In Enger hatten Bürgermeister Klaus Rieke und die Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Harder-Möller dafür gesorgt, dass Mädchen bei der Stadt in Männerdomänen hineinschnuppern konnten. Chantal Sophie Schöck (12) von der Theodor-Heuss-Realschule in Sennestadt probierte sich mit Elisa Oehler (14) von der Realschule Spenge als Fachkraft für Abwassertechnik. Bastian Oberbrinkmann informierte fachkundig in der Kläranlage über das Belebungsbecken und den Sandfang. Nitrat-, Nitrit- und Phosphat-Proben durften die Schülerinnen selbst ziehen. »Nur am Anfang hat’s noch gerochen«, berichtete Chantal.
Anna Croati (14) von der Realschule Enger ließ sich von Holger Pichotta die EDV-Administration erklären und ersetzte kurzerhand die Festplatte am Rathaus-Computer, installierte Drucker und PCs. »Der Beruf ist spannend«, lautete ihr Urteil. Jenna-Marielle Otte (13) von der Gesamtschule Kirchlengern versuchte sich als Elektrotechnikerin für Gebäude- und Systemtechnik und schaute dabei Clinton Shepheard über die Schulter. »Ich habe Lampen am Messestand der Stadt Enger auf dem Kirschblütenfest angebracht«, berichtete Jenna stolz. Das habe ihr »sehr gut gefallen«.
»Wir möchten den jungen Damen Berufsfelder näher bringen, die nicht frauenspezifisch sind und ihr Interesse daran wecken«, sagte Bürgermeister Rieke. Im Klärwerk wurde bislang lediglich eine Betriebspraktikantin beschäftigt.
Foto 1: Marie Stritzke (von links), Bianca Wiechmann, Kadea Akay, Marleen Meyer, Melissa Piljevic und Milena Markosyan finden mit dem Hupmodul im Physikraum der Realschule Spenge heraus, wo das meiste Licht und damit auch die meiste Spannung zu finden ist. Am Summton des Gerätes erkennen sie, wo Süden ist, damit die Solarzellen optimal ausgerichtet werden können.
Foto 2: Lehrerin Elisabeth Harting (rechts) und Ole Heimbeck (Mitte) untersuchen mit den Schülerinnen (von links) Joy, Leonie, Sharina, Scarlett sowie (kniend) Violetta und Hannah das experiMINT-Mobil.
Foto 3: Im Klärwerk Enger trafen sich (von links) Jenna, Chantal, Elisa und Hannah mit (hinten) Clinton Shepheard, Bürgermeister Klaus Rieke, Bastian Oberbrinkmann, Holger Richotta und Ulrike Harder-Möller.
SN, Artikel von Freitag 24.04.2015