Hauptausschuss will nur Gesamtschule erhalten – Rat entscheidet am 17. September
Das Ende ist eingeläutet: Die Realschule Spenge wird geschlossen. Für das Schuljahr 2016/17 sollen Eltern ihre Kinder dort schon nicht mehr anmelden können. Das haben die Mitglieder des Hauptausschusses des Rates der Stadt jetzt mehrheitlich beschlossen. Das letzte Wort hat das Kommunalparlament am 17. September.
»Wir werden am Ende eine Gruppe haben, die enttäuscht ist«, hatte Bürgermeister Bernd Dumcke zu Beginn der Sitzung am Donnerstagabend in der Mensa der Regenbogen-Gesamtschule erklärt. Letztere soll nun alleine als einzige weiterführende Schule bestehen bleiben, obwohl auch bei ihr nicht sicher ist, ob sie langfristig überleben kann. Denn die 84 Anmeldungen in diesem Jahr stellen keine gesicherte Vierzügigkeit, wie sie vom Gesetz her vorgeschrieben ist, dar.
Die 27 Neuanmeldungen für die Realschule reichten nur für eine Klasse, obwohl hier die Zweizügigkeit gefordert ist. Die Bezirksregierung in Detmold erteilte der Realschule daraufhin eine einmalige Ausnahmegenehmigung dafür, 2015 nur mit einer Eingangsklasse zu starten. »Künftig werden wir nur noch 100 Schüler pro Jahrgang haben. Das sind zu wenig für zwei weiterführende Schulen«, erklärte Dumcke die Misere infolge des demografischen Wandels auch in Spenge. Weil erfahrungsgemäß die Hälfte der Spenger Fünftklässler außerdem Gymnasien in Enger, Werther oder Bielefeld besuchen, blieben auch nur noch 50 Kinder aus Spenge für die beiden Spenger Schulen (Realschule und Gesamtschule) übrig. Die Zweizügigkeit der Realschule wäre mithin nur gesichert, wenn sich alle für sie entscheiden würden. Das ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Die Gesamtschule, die schon jetzt in der Mehrzahl Kinder aus Enger und Bielefeld aufnimmt, könnte vielleicht überleben, indem sie eine Kooperation mit der Martin-Niemöller-Gesamtschule in Bielefeld-Schildesche eingeht, die bei Überhängen Schüler an Spenge abgeben könnte. In »trockenen Tüchern « ist die Zusammenarbeit aber auch noch nicht. »Die Chance der Gesamtschule, zu überleben, ist wegen ihrer Kooperationsmöglichkeiten größer. Die Realschule steht in direkter Konkurrenz zu Enger und Bielefeld«, sagte André Schröder für die Grünen, die zusammen mit SPD und UWG für das Realschul-Aus votierten. 12:6 lautete das Abstimmungsergebnis am Ende. Vergeblich hatten die CDU und FDP-Ratsherr Rainer Kalla dafür gestritten, einer kleinen Stadt wie Spenge auch die kleinere (Real-)Schule zu lassen.
»Setzen Sie Ihre ideologische Brille ab«, forderte Unions-Fraktionschef Lars Hartwig die politische Konkurrenz auf. Er kritisierte, dass die NRW-Landesregierung keine kleineren Klassen zulasse und an der Zweizügigkeit für Realund Vierzügigkeit für Gesamtschulen auch angesichts landesweit sinkender Schülerzahlen festhalte. Wenn die Realschule den Hauptschulabschluss ab Klasse 7 möglich mache und dazu auch noch Inklusionskinder aufnehme, sei ihr Erhalt in Form einer Sekundarschule durchaus sinnvoll, meinte Hartwig unter dem Beifall der etwa 70 anwesenden Zuhörer, darunter auch Realschüler, die mit Plakaten für den Erhalt »ihrer« Schule demonstrierten. »Eine Haupt-Realschule ohne Oberstufe kann nicht die Zukunft sein«, hielt Annegret Beckmann (SPD) dagegen. Gute Entwicklungsund Fördermöglichkeiten biete nur die Gesamtschule. Auch Anke Fuchs (UWG) sah in dieser Schulform die bessere und chancenreichere Alternative. »Die Anmeldezahlen sind nun mal konstant rückläufig«, meinte sie. Rainer Kalla (FDP), ehemals Leiter der Spenger Realschule, gab der Gesamtschule keine Überlebenschance. »Die Schließung durch die Bezirksregierung wäre dann der schulpolitische Gau«, erklärte er.
In einer Sitzungsunterbrechung ergriff unter anderem auch Realschulleiter Ansgar Leder das Wort. Er betonte, dass schon jetzt 90 Prozent seiner Schul-Klientel aus Spenge kämen und letztlich der Elternwille zähle und keine Kooperation irgendeiner Art. Dass Bielefelder Eltern ihre Kinder in Scharen nach Enger in die Gesamtschule schicken werden, bezweifelte er stark. Die Schulpflegschaftsvorsitzende der Realschule, Britta Fraatz, warf der Stadt vor, unattraktiv für junge Familien geworden zu sein. Auch mangele es an Aufenthaltsmöglichkeiten für Jugendliche, ergänzte eine Realschülerin. Bürgermeister Bernd Dumcke konterte: »Wir können auch keine Kinder herbeizaubern.«
Foto 2: Die Realschule in Spenge befindet sich in direkter Nachbarschaft zur Gesamtschule. In diesem Jahr hat es nur 27 Neuanmeldungen gegeben.
Foto 1: Mit Plakaten und Appellen wie »Die Realschule muss bleiben« haben in der Sitzung des Hauptausschusses Realschüler für den Erhalt der städtischen Bildungseinrichtung demonstriert. Im Hintergrund rechts Erwin Upmeier, der dazu Fragen stellte.
SN, Artikel von Samstag 05.09.2015